Die Verbindung zwischen Körper und Geist ist ein altes Konzept, aber ihre Bedeutung für die sportliche Leistung wird erst seit Kurzem umfassend erforscht. Während die Sportpsychologie schon lange die mentale Einstellung beeinflusst, ist der Einfluss des Gehirns auf die eigentliche körperliche Leistungsfähigkeit erst in den letzten Jahrzehnten zu einem ernsten Forschungsthema geworden.
Die Forschung deutet darauf hin, dass die Ermüdung beim Training nicht nur ein biochemisches Phänomen in Muskeln und Blut ist, sondern auch ein neurologisches Phänomen, das stark vom Gehirn und Deinen Gedanken/Wahrnehmungen abhängt. Das erklärt, warum Musik die Leistung steigern kann und wie Erwartungen die Anstrengung beeinflussen.
Angesichts dieser starken Verbindung sollte es nicht überraschen, dass eine Belastung des Gehirns mit geistigen Anforderungen vor dem Training die Leistung beeinträchtigen kann.
Geistige Ermüdung und Training
- Vor dem Training (Widerstandstraining): Geistig ermüdende Aktivitäten vor einem intensiven Widerstandstraining können die Anzahl der Wiederholungen, die Du schaffen kannst, signifikant reduzieren.
- Während des Trainings (Dual-Tasking): Zusätzliche kognitive Belastungen während einer motorischen Aufgabe (Training) führen typischerweise zu schlechterer Leistung. Beispiele hierfür sind:
- Schlechtere Leistung bei Fußballspielern, die beim Jonglieren Rechenaufgaben lösen
- Verringerte Genauigkeit, Balance und Laufruhe bei koordinativen Übungen
- Schlechtere Leistung beim Zeitfahren bei Radfahrern, die während ihrer Anstrengung auf Feedback achten sollen
Aber wie sieht es mit Ausdauerleistung aus? Kann sich bereits vorhandene mentale Erschöpfung negativ auf Deine nächste Trainingseinheit oder Dein Abendrennen auswirken? Mentale Erschöpfung wird als ein psychobiologischer Zustand definiert, der durch anhaltende kognitive Anstrengung hervorgerufen wird. Sie äußert sich in Müdigkeitsgefühlen, Energiemangel, Veränderungen der Gehirnfunktion und einer verminderten mentalen Verarbeitungsfähigkeit (kognitive Funktion).
Experimentelle Erkenntnisse deuten klar darauf hin, dass frühere mentale Erschöpfung die Ausdauerleistung negativ beeinflusst.
- In einer Studie schwammen junge Athleten nach einem 30-minütigen, anspruchsvollen Stroop-Test (einem Denksporttest) auf 1500 m Freistil langsamer. Die Leistungsminderung war bei 12 von 16 Athleten zu beobachten.
- International erfolgreiche Schwimmer, die 30 Minuten lang soziale Medien nutzten, erlebten einen deutlichen Leistungsabfall beim 100- und 200-m-Zeitfahren, aber keinen Effekt beim 50-m-Zeitfahren.
Eine neue italienische Studie untersuchte die Auswirkungen von geistiger Erschöpfung auf die Wahrnehmung von Anstrengung und die Leistung bei Schwimmern auf nationaler Ebene. Die Studienteilnehmer hatten entweder Elite-Status oder gehörten zu den Top Ten auf nationaler Ebene. Die Schwimmer nahmen an zwei identischen Versuchen teil, mit Ausnahme der Vorbereitungszeit (die Reihenfolge wurde zufällig gewählt):
Zustand der geistigen Erschöpfung: 90 Minuten AX-Continuous Performance Task (ein anspruchsvoller Reaktionstest, bei dem man nur bei der Buchstabenfolge "A" gefolgt von "X" reagieren muss). Kontrollbedingung: 90 Minuten einfache Ruhe.
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Experimentelles Design der Studie; BRUMS = Brunel-Stimmungsskala; AX-CPT = AX-kontinuierlicher Leistungstest; RPE = Bewertung der wahrgenommenen Anstrengung.
Beide Male absolvierten die Schwimmer anschließend 12 x 100 m bei ihrer individuellen Laktatschwelle (submaximal) und einen abschließenden 400-m-Kraul-Leistungstest.
Die Ergebnisse:
- Geistige Erschöpfung wurde erreicht: Die Schwimmer waren nach der 90-minütigen Aufgabe bemerkenswert geistig erschöpft, im Gegensatz zur Ruhegruppe.
- Deutlicher Leistungsabfall: Beim 400-m-Zeitfahren brauchten die Schwimmer im Zustand der geistigen Erschöpfung durchschnittlich 11 Sekunden länger (4 Minuten und 48 Sekunden) als im Kontrollversuch (4 Minuten und 37 Sekunden).
Unterschiede zwischen mentaler Erschöpfung und Kontrollbedingungen
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Schwarze Balken und Dreiecke = Versuch zur mentalen Erschöpfung; graue Balken und Kreise = Kontrollversuch. Sternchen zeigen an, dass der Unterschied statistisch relevant ist. Die Schwimmer schwammen im 400-m-Versuch mit mentaler Erschöpfung langsamer und empfanden auch beim 12 x 100-m-Schwimmen im Steady-State-Zustand eine stärkere Anstrengung.
Diese Studie liefert weitere starke Beweise dafür, dass mentale Erschöpfung Deine Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen kann.
Die durchschnittliche Leistungsminderung von 3,9 % beim 400-m-Schwimmen ist enorm, wenn man bedenkt, dass die Unterschiede zwischen Gold und Bronze bei den Olympischen Spielen oft nur Bruchteile von Prozent betragen. Entgegen früheren Annahmen zeigt diese Forschung, dass selbst Spitzensportler stark von geistiger Erschöpfung betroffen sein können. Eine längere geistig anspruchsvolle Aufgabe (90 Minuten in dieser Studie) scheint größere negative Auswirkungen zu haben als kürzere.
Dein mentaler Zustand – insbesondere Dein Grad der mentalen Erschöpfung – vor dem Training kann den Trainingsverlauf stark beeinflussen. Bei submaximaler Belastung fühlt es sich schwerer an, und bei maximaler Anstrengung leidet Deine Leistung.
Hier sind zwei Strategien, um den negativen Effekten entgegenzuwirken. Plane Deine Trainingseinheiten:
- Vermeide es, Deine hochwertigen Trainingseinheiten an Tagen/Abenden zu absolvieren, an denen Du zuvor geistig sehr gefordert warst. Plane solche Tage als "entspannte" Trainingstage ein.
- Vermeide kurz vor dem Training Aufgaben wie die Erledigung von Arbeitsangelegenheiten oder das Scrollen in sozialen Medien.
Deshalb ist es in unserer Periodisierung ebenso wichtig, nicht nur körperlich zu regenerieren, sondern auch Geistig, dafür planen wir im Trainingsjahr ca. 2x 4 Wochen ein. Dein Geist ist alles – schütze ihn, um Deine beste Leistung zu erbringen!
*Quelle und Verweise: sportsperformancebulletin.com
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