Wie oft trainierst du deine Waden isoliert? Wahrscheinlich selten bis nie, oder? Damit bist du nicht allein. Viele Läufer denken: „Ich laufe ja genug, meine Waden sind fit.“ Und da Wadenmuskeln überwiegend aus ausdauernden Muskelfasern (Typ 1) bestehen, ermüden sie gefühlt auch nicht so schnell. Aber hier kommt die Wahrheit: Wenn du deine Waden beim Krafttraining vernachlässigst, lässt du massiv Potenzial auf der Straße liegen.
Ein aktueller Blick in die Sportwissenschaft zeigt, warum starke Waden nicht nur Krämpfe verhindern, sondern dich auch schneller machen – und wie ein neuer Trainingstrick (Teilwiederholungen) dein Training revolutionieren kann.
Mythos Wadenkrampf: Es liegt nicht immer am Salz
Hast du auf den letzten Kilometern eines Wettkampfs oder langen Laufs schon mal Wadenkrämpfe bekommen? Der erste Gedanke ist meist: „Ich habe zu wenig getrunken“ oder „Mir fehlen Elektrolyte/Salz“.
Eine Studie an Ultramarathon-Läufern zeigt jedoch etwas anderes: Krämpfe in der Endphase sind oft kein Ernährungsproblem, sondern ein Kraftproblem. Die Wadenmuskulatur ist schlichtweg überlastet. Mehr Kraftausdauer in der Wade bedeutet also: Länger laufen ohne Zwangspause.
Dazu kommt: Starke Waden sind dein Turbo. Studien zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen Wadenkraft und deiner Sprintfähigkeit. Ein kräftigerer Musculus gastrocnemius (der große Zwillingswadenmuskel) hilft dir, bei Tempoläufen und im Endspurt ordentlich Gas zu geben.
Das Problem: Waden sind stur
Vielleicht hast du schon mal versucht, Wadenheben ins Training einzubauen, aber kaum Ergebnisse gesehen. Das liegt daran, dass die Wade durch das tägliche Gehen bereits sehr effizient arbeitet und sich gegen Muskelwachstum „wehrt“.
Um die Waden zum Wachsen zu bringen, brauchst du normalerweise viel Volumen und schwere Gewichte. Aber wer hat als Läufer schon Lust, nach dem Intervalltraining noch ewig im Fitnessstudio zu pumpen?
xxx
*Das linke Bild zeigt den medialen und lateralen Kopf des Musculus gastrocnemius, darunter liegt der Musculus soleus. Das rechte Bild zeigt den Musculus soleus, der Musculus gastrocnemius ist zur besseren Übersichtlichkeit ausgeblendet. Obwohl beide Muskeln in der Abstoßphase beim Laufen oder Sprinten beansprucht werden, ist der Musculus gastrocnemius stärker beteiligt, wenn das Bein nicht oder nur leicht (im Knie) gebeugt ist. Der Musculus soleus hingegen wird umso stärker beansprucht, je stärker das Bein in dieser Abstoßphase gebeugt ist.
Die Lösung: Der „Teilwiederholungs-Hack“
Hier wird es spannend für alle, die wenig Zeit haben. Eine ganz aktuelle Studie aus Norwegen (2025) hat untersucht, wie man Waden am effektivsten trainiert. Das Ergebnis: Teilwiederholungen (Partial Reps) in der Dehnung.
Die Forscher ließen Sportler acht Wochen lang trainieren. Dabei verglichen sie:
- Klassische volle Bewegungen.
- „Initial Partials“: Man geht ganz tief in die Dehnung (Ferse runter), aber drückt sich nur ein Stück weit hoch (nicht ganz auf die Zehenspitzen).
Das Ergebnis: Die Gruppe, die mit den Teilwiederholungen in der tiefen Position startete, hatte fast 10 % mehr Muskelwachstum (im Vergleich zu ca. 6,7 % bei der anderen Methode).
Warum funktioniert das? Wenn du den Muskel in der maximalen Dehnung unter Last setzt (also mit der Ferse ganz tief unten), erzeugst du einen enormen Wachstumsreiz und stärkst gleichzeitig das Bindegewebe – perfekt zur Vorbeugung gegen Achillessehnen-Probleme!
Dein neuer Waden-Plan für den Laufblog
Du musst nicht stundenlang trainieren. 2x pro Woche für ca. 10–15 Minuten reicht völlig aus. Hier ist das Protokoll, basierend auf den neuesten Erkenntnissen:
Die Übung: Wadenheben (an der Treppenstufe, mit Hanteln oder an der Maschine im Gym).
- Tipp: Stehendes Wadenheben trainiert den großen Zwillingsmuskel (gut für den Abdruck), sitzendes Wadenheben trainiert den Schollenmuskel (Soleus – wichtig für die Stabilität). Wechsle am besten ab!
Der Ablauf (1 Satz):
- Phase 1 (Der Turbo): Mache 10–15 Teilwiederholungen.
Lass die Fersen ganz tief sinken (maximale Dehnung!).
Drücke dich nur zur Hälfte hoch (bis die Füße waagerecht sind).
Geh wieder kontrolliert ganz tief runter. - Phase 2 (Der Rest): Mache im selben Satz direkt hinterher so viele volle Wiederholungen (ganz hoch auf die Zehenspitzen), wie du schaffst (ca. 10–15).
Das Training:
- Häufigkeit: 2x pro Woche.
- Sätze: 3 bis 4 Sätze.
- Pause: 60–90 Sekunden zwischen den Sätzen.
- Gewicht: Wähle ein Gewicht, bei dem es in den letzten Wiederholungen ordentlich brennt!
Starke Waden sind deine Versicherung gegen Ermüdung und dein Motor für mehr Speed. Mit der Methode der „Teilwiederholungen in der Dehnung“ kannst du in kurzer Zeit maximale Ergebnisse erzielen. Probier es bei deinem nächsten Stabi- oder Krafttraining aus – deine Waden werden brennen, aber deine nächste Bestzeit wird es dir danken!
*Quelle und Verweise:
- Physiol Rep. 2020 Apr 27;8(9):e14427
- Sports Med Open. 2015;1(1):24
- Klinik Anat. 2022 Jul;35(5):544-549
- Klinik Anat. 2022 Jul;35(5):544-549
- Res Sports Med. 2018 Okt-Dez;26(4):474-481
- Physiol Rep. 2020 Mai;8(9):e14427
- Research in Sports Medicine 2018. 26(1), 1–8
- Journal of Applied Physiology 2019. 126, Nr. 1: 30–43
- International Journal of Strength and Conditioning 2023. (3) Nr. 1 .doi.org/10.47206/ijsc.v3i1.182
- Eur J Sport Sci. 2025 Sep;25(9):e70030. doi: 10.1002/ejsc.70030
- European Journal of Applied Physiology 2004. 91, Nr. 1: 116–118

