Countdown: Die Kraft der Psyche (Seite 106-109)

Ein Wort vorweg, bevor es in Bestzeit auf die Zielgerade geht. Autor dieser Zeilen im Jahr 2013; Ich distanziere mich ausdrücklich. Die nachfolgenden Zeilen sind nur unwesentlich verändert aus dem Ur-Countdown übernommen, der 1986 geschrieben wurde. Ich kann weder verstehen, dass ich einmals so "heiß" war, wie diese Zeilen es wiedergeben, noch kann ich glauben, dass ich das alles geschrieben habe. Ich lasse es aber dennoch stehen, weil es meine damalige Gefühlslage wiedergibt und es sicher auch noch ein paar Leute in Deutschland gibt, die ebense "brennen" wie meine Person vor 27 Jahren. Trotzdem viel Vergnügen beim Lesen.

Ein Läufer berichtet nach dem Marathon: "Also, ich verstehe das nicht! Den hast du doch voll im Sack", dachte ich. Der Typ - ich glaube, er heißt Holger - lief schon eine Weile neben mir her, hechelte und schnaufte wie ein übergewichtiger Sumo-Ringer beim Ballettuntericht. Als ich so bei km 40 ein mitleidvolles Auge auf ihn werfe und gerade glaubte, dass er jetzt abnibbelt, beschleunigt der noch. Na ja, ich fühlte mich zwar so wie ein Nilpferd nach 3h Seilspringen, aber ich denke: "Nicht mit mir", und gehe mit. Mein Gegner, der kam wohl vom VFL Quäle Führt, sah aus wie ein tuberkulöses Kellerkind, hielt den Kopf schief und stöhnte. Bloß dieser hämmernde Stil, den er draufhatte, der passte nicht ganz in das Bild, welches ich mir von ihm machte.

Der schafft es nicht mehr bis zum Ziel: Ich schau so zur Seite, da hat der doch die Augen geschlossen und rennt und rennt. Ich war wirklich fest davon überzeugt, dass dieser Mensch es nicht mehr bis zum Ziel schafft. Mann, ich war auch schon so platt und wollte es etwas ruhiger angehen lassen, da musste dieser Typ mich zu allem Überfluss auch noch so quälen. Weißt du, ich wollte ja auch locker bleiben, denn am Zieleinlauf stand ja Alexandra mit ihren ganzen Kolleginnen aus dem Büro. Sie sagt immer, ich hätte einen so tollen Laufstil, dabei sieht sie mich mit ihren braunen Augen ganz zärtlich an, wirft ihre Haare in den Nacken und streicht mir ganz leicht über die Oberschenkelmuskulatur. Das musst du verstehen, da wollte ich beim Vorbeilaufen wenigstens noch die Kraft für ein Lächeln haben. Ist ja klar, wenn du bei der im Geschäft bleiben willst, musst du schon was zeigen.

Nicht an die letzte Nacht denken! Nun ich will nicht abschweifen, zurück zum Rennen. Gerade dachte ich noch so an die letzte Nacht mit Alexandra, da liege ich doch schon 2m zurück, und der Typ tritt wie ein Besessener. Nie, dachte ich, das ist zu viel. Soll er doch laufen. Was interessiert der mich überhaupt. Du hast dich schon genug gequält und ließ ihn gewähren. Als er spürte, dass ich nicht mehr kämpfte, ging er ab wie eine Raktete.

Ich hab dann den Damen erst mal huldvoll zugewunken und dankbar den Beifall entgegengenommen. 32 sek. hat der Kerl mir noch abgenommen. Alexandra hat mir nur die Hand gedrückt, und ihn haben da zwei Weiiber abgeknutscht. Das war ja schon direkt unangenehm, waren wahrscheinlich die Groupies von Quäle Führt.

Schon mal gehört, diese Story?

Wahrscheinlich nicht genau so, sondern in ähnlicher Ausführung. Hier lief ein Athlet, der neben seinem Wettkampf noch viele andere Dinge im Kopf hatte, gegen einen Sportler, der voll konzentriert und hochmotiviert zu Werke ging. Der Erstere mit einer wahrscheinlich höheren Leistungsfähigkeit, der andere aber objektiv schneller.

"Holger, wer?" Da dir Holger bestimmt noch häufig begegnet, ist es Zeit, einmal zu erklären, wer Holger ist und wie er in mein Leben kam. Holger Meier ist eine Kunstfigut, die von Jens Mardersteig während eines Seminars in Fallingbostel Mitte der 80er Jahre so getauft wurde. Holger Meier ist eine Art Synonym für den "Spezialgegner", mit dem sich jeder von uns in irgendeiner Weise rumschlagen muss. Damit wir aus diesem Spezialgegner auch eine entsprechende Motivation ziehen können, wurde Holger Meier mit den fiesesten Charaktereigenschaften belegt, die zu finden waren.

Dass es nun in Hannover einen Läufer mit dem Namen Holger Meier gibt, ist rein zufällig. Dieser hat weder mit unserem Holger zu tun, noch dienten er und seine Charaktereigenschaften als Vorbild für die Kunstfigur Meier. Ich entschuldige mich an dieser Stelle auch bei allen anderen Holger Meiers, die so durch die Republik rennen.

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